Tagebuch SY Mitsuko, Ovni 345, 27.6. - 11.7.2008

27.6.: Anreise, Aufstehen 03:30, Abflug nach Paris 06:00, dann Leihwagen nach Saint Malo, Ankunft ca. 16:30, todmüde, Einkaufen, Bootsübernahme, Abendessen in der Altstadt.

28.6.: Wir beschließen, einen Ruhetag einzulegen, treiben uns in Saint Malo in der Altstadt "intra muros" herum, shopping und gut essen ist angesagt.

29.6.: 11:45 Abfahrt nach St.Helier auf Jersey, Ankunft in der Marina La Colette um 21:15, wir liegen im Paket mit der Yacht "Showgirl", einem netten Iren mit Frau und Kind, die Marina ist allerdings im Industriegebiet, ziemlich ekelig. Wir sausen in die Stadt und können in einem Pub gerade noch die letzten 20 Minuten vom Fußball-EM-Endspiel genießen.

30.6.: 08:15 - 14:15 Überfahrt von Jersey nach Guernsey St.Peter Port. Wunderschöne kleine Stadt, wir beschließen, auch den nächsten Tag auf Guernsey zu verbringen.

1.7.: Inselrundfahrt in Guernsey, eine Autobuslinie fährt rund um die Insel, Haltestellen gibt es nur wenige, wenn man aussteigen will, sagt man das dem Fahrer. Nachmittags besichtigen wir das Haus von Victor Hugo, traumhaft schön gelegen, innen scheußlich.

2.7.: Um 07:30 machen wir uns auf den Weg über den Channel nach Salcombe, ca. 80M (150km), das wir um 22:15 erreichen. Wunderschöne verzweigte Bucht (Estuary) mit netter Stadt, man weist uns den etwas abseits gelegenen Visitors Pontoon zu, den wir mit 10 anderen Yachten teilen. Der Pontoon befindet sich ca. 10 Bootsminuten von der Ortschaft entfernt, ohne Kontakt zum Festland und ist ca. 70m lang und 2m breit, ohne Wasser- und ohne Stromversorgung. Es gibt ein Taxiboot in die Ortschaft, das man über Funk rufen kann, kostet 2 Pfund/Person und Fahrtrichtung, dafür hat der Salcombe Yacht-Club gratis Duschen auch für Nichtmitglieder.

Was wir nicht wissen: diese Konstellation wird sich für die nächsten fünf Tage auch nicht ändern. Das tägliche Navtex zeigt draußen am Meer Wind in Sturmstärke bis 9 Bft, was Wellenhöhen von bis zu ca. 8m bedeutet. Also bleiben notgedrungen alle da, jammern über die hohen Gebühren (rund 20 Pfund/Nacht) und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Dies bis Dienstag, 8.7. Unsere Pläne, die englische Südküste abzufahren haben sich damit erledigt. Dafür entsteht ein kleines geselliges "Pontoon Village".

8.7.: Es wird ein Wetterfenster von ca. 20 Stunden vorhergesagt, auf einem der Boote steigt eine "Pontoon Party" und die Yacht ist gesteckt voll von Pontoonbewohnern, jeder bringt was mit und es wird ziemlich alkoholisch. Am nächsten Tag in der Früh machen sich fast alle auf den Weg. Wir Richtung Guernsey um 07:15. Draußen auf dem Meer sind die Wellen zwar hoch, aber nicht besorgniserregend. Wir sind guter Dinge, bis uns um 09:00 eine völlig unerwartete Winddrehung um über 90° kalt erwischt und sich in der folgenden Hektik, Jacqueline versucht gerade, eine Halse zu verhindern, das Vorsegel samt ein paar Metern der Schoten um das Vorstag wickelt und heftig killt. Jacqueline kappt die Schoten nahe am Segel, da es bei den herrschenden Windstärken von ca. 25-30 kn trotz Anwendung aller Tricks anders nicht mehr auszuwickeln ist. Nach dem Kappen rollt sich das Segel aus, läßt sich allerdings nicht mehr ganz einrollen, weil es dadurch, daß es sich um das Stag gewickelt hatte, die Reffleine quasi verkürzt hat, sodaß ca 1/4 des Segels stehen bleibet. Nach einer Stunde tauchen die ersten Risse im Segel auf. Es gelingt uns, unter Einsatz aller Kräfte, das Segel fast ganz einzurollen, verwenden läßt es sich wegen der Risse allerdings nicht mehr. Wir fahren halt mit Großsegel und Motor weiter und sind um 18:30 in Guernsey. Windstärken bis ca. 40 kn und brechende Wellen bis ca. 3m Höhe haben uns allerdings ziemlich viel an Substanz gekostet.

9.7.: Wir beschließen, heute bis Saint Malo durchzufahren, das wir mit etwas Glück am 10.7. gegen 02:00 morgens erreichen müßten und machen uns am Ende der Flut um 11:30 auf den Weg. Aber es kommt anders: Um 17:15 geht die Motordrehzahl plötzlich um rund 100 U/min runter, ein paar Sekunden später stottert der Motor kurz und bleibt stehen - unsere Nerven liegen blank, vor allem, weil wir uns in ziemlicher Nähe zu einem großen Riff befinden und durch die Strömung darauf zu treiben.

Offensichtlich kriegt die Maschine kein Diesel, genau läßt sich das allerdings ohne Dokumentation und bei den herrschenden Verhältnissen, Wind mit 25kn und entsprechende Wellen, nicht feststellen. Wir haben keine Chance mehr, mit dem Großsegel alleine nach Saint Malo zu kommen, da dies infolge der Windrichtung SW, also am Wind, ohne Genua einfach unmöglich ist. Einzige Möglichkeit: Jersey, das gerade noch in Sichtweite ist und das wir mit einem Vorwindkurs erreichen können. Wir setzen den neuen Kurs ab und nehmen ca. 1 1/2 Stunden vor der berechneten Ankunftszeit per Funk mit der Jersey Coast Guard Kontakt auf, da wir ohne Motor im Dunkeln nicht in den Hafen segeln können. Die Küstenwache ist extrem kompetent und hilfsbereit und sendet uns ein Life-Boat vor den Hafen, das uns einschleppt. Um 23:00 sind wir in St.Helier unter ziemlichem Aufsehen bei den dort befindlichen Yachten festgemacht.

10.7.: Der herbeigeholte Mechaniker kommt an Bord und stellt nach Austausch aller Dieselfilter fest, daß die Diesel-Zufuhr im Tank blockiert ist. Der Pfropfen, der den Dieseleinlaß verstopft wird ausgeblasen und wir können am frühen Nachmittag ablegen. Ein bißchen Bauchweh bleibt, da man natürlich immer Angst hat, daß der Propfen wieder angesaugt werden könnte. Gott sei Dank passiert nichts und wir sind um ca. 20:15 in Saint Malo.

11.7.: Bootsübergabe, die Reparatur des zerrissenen Segels wird uns gut Eur.250,00 kosten, Übernahme des Leihwagens bei Europcar in Saint Malo und um 11:45 Abfahrt Richtung Paris. Wir machen noch einen Abstecher nach Arromanches um die im zweiten Weltkrieg dort installierten künstlichen (Mulberry-)Häfen zu besichtigen und kommen letztlich um 19:15 in Paris am Flughafen Charles de Gaulle an.

Noch ein nettes Erlebnis bei der Gepäckskontrolle: Unser mitgeführter Sextant mußte aus dem Koffer genommen und auf das Band zum Röntgen gelegt werden. Als er aus dem Röntgen herauskommt, fragt die Beamtin "Was ist das" und greift auf einen der Spiegel, wir beide im Chor: "Ne touche pas" - berühr' das nicht, und dann wurden sie erst richtig nervös: Sextant samt Behälter wurden vorsichtigst mit einem Papierchen auf Sprengstoff untersucht und erst, als alle Kontrollen nichts ergaben und sich herausstellte, daß es sich nicht um ein in einen in einen spezielle Form gegossenen Plastiksprengstoff handelte, durften wir weiter. (Die Beamten in Paris sind genauso "humorvoll" wie überall sonst auf der Welt!)

Dann Heimflug und Ankunft in Wien um 23:55.

War ein schöner Urlaub, der aber nicht ganz reibungslos verlaufen ist.